er Gedanke, Reichstagsdebatten 
im Rundfunk zu übertragen, kam schon recht früh auf und wurde besonders 
von den Rundfunkzeitschriften vertreten. Sie wiesen immer wieder auf die Notwendigkeit 
hin, den Rundfunk im Dienste des Volkes und seiner Regierung zwar nicht für 
die Übertragung aller, aber doch der wichtigsten Reichstagssitzungen einzusetzen: 
(Q127) "Wir würden es begrüßen, 
wenn wichtige Angelegenheiten, die im deutschen Parlament verhandelt werden (z.B. 
auch die Vorstellung neuer Regierungsmitglieder) den Rundfunkteilnehmern, die 
sie hören wollen, in Zukunft nicht mehr vorenthalten werden. Das unmittelbare 
Erleben wirkt unbedingt viel tiefer als das nachfolgende Lesen der Verhandlungsberichte." 
(Q128) Die direkten Übertragungen 
von Reichstagsreden wurden als "die einzige objektive Berichterstattung, 
die theoretisch und technisch denkbar ist", bezeichnet. (Q129) 
Der Leiter der Pressestelle des Preußischen Staatsministeriums, HANS GOSLAR, stellte fest, daß hinsichtlich der Rundfunkübertragung von Reichstagssitzungen keine Bedenken erhoben werden könnten, da Reichstagsvollsitzungen öffentlich seien und der Rundfunk ebenso wie die zugelassene Presse lediglich eine erweiterte Öffentlichkeit darstelle. (Q130) Trotzdem wurden die wiederholten Anträge der BERLINER FUNK-STUNDE abgelehnt. (A36)
"Die Mehrheit des Ältestenrates wandte sich in den zwanziger Jahren gegen eine Übertragung der Reichstagsverhandlungen aus zwei Gründen. Erstens hielt man nur eine vollständige Übertragung für möglich, einzelne Themen oder Redner auszuwählen [!] hielten die damaligen Mitglieder für undurchführbar, es sei denn, daß eine besondere Welle in Anspruch genommen würde, was aussichtslos erschien. Der zweite Grund war, daß man Reden 'zum Fenster hinaus' nicht noch vermehren wollte. Diese Reden sollten ja nur ernsthaften Auseinandersetzungen verschiedener Ansichten dienen, aber nicht als willkommenes Podium für Reklamereden einzelner Parteien. So kam es, daß die Kommunisten und Nationalsozialisten die Übertragung befürworteten, die dazwischenliegenden Parteien von Sozialdemokraten über Zentrum und Demokraten bis zur Volkspartei sich dagegen erklärten." (Q131)
Bei einer der letzten Reden STRESEMANNS (Ende Juni 1929 zu einem rein außenpolitischen Thema) war eine Rundfunkübertragung geplant, vorbereitet und auch schon öffentlich angekündigt. Sie mußte nach dem Protest dreier Parteien ("besonders die Rechte hielt es nicht für statthaft, daß nur der Minister und nicht die Abgeordneten der einzelnen Parteien mit ihren Reden übertragen" werden sollte (Q132)) im letzten Augenblick abgesagt werden. Auch das Angebot der Rundfunkseite, Übertragungen von Reichstagsreden mit Ausschnitten aus Schallplattenaufzeichnungen der Gegenredner zu kombinieren, konnte sich nicht durchsetzen. (Q133)
1930 kam es schließlich zu Versuchsaufnahmen, die dem Ältestenrat vorgespielt wurden. Dieser entschied sich gegen Übertragungen, erlaubte jedoch Aufzeichnungen zu Archivzwecken, die dann ausschnittweise bei einem "Rückblick auf Schallplatte" verwendet werden durften. (Q134)
Die einzige vollständig übertragene Rede einer Reichstagssitzung, die des Reichskanzlers BRÜNING vom 25. Februar 1932, war dann auch ohne Wissen des Reichstagsplenums allein mit der Genehmigung des Reichstagspräsidenten LÖBE und mit Hilfe der genehmigten Schallplattenaufzeichnungen für Archivzwecke über die DEUTSCHE WELLE verbreitet worden. (Q135)
Pohle resümiert: "Der demokratische Rundfunk mußte somit an der wichtigsten demokratischen Einrichtung des Staates vorübergehen, ohne sich in ihren Dienst stellen zu können. Eine große Chance der Verbindung von Volksvertretern und Volk, der staatsbürgerlichen Aufklärung und der aktuellen politischen Berichterstattung war ausgelassen worden." (Q136)
er Grund für 
die Bildung von Hörergemeinschaften ist in eine technisch-wirtschaftliche 
Komponente und eine inhaltliche Komponente geteilt.
uf der Pressekonferenz 
anläßlich der Eröffnung des "WIRTSCHAFTSRUNDSPRUCH" 
am 2. September 1922 wurde das "TELEGRAPHON" als Aufzeichnungsmöglichkeit 
vorgestellt. Dieses Gerät war bereits auf der Pariser Weltausstellung von 
1900 durch VALDEMAR POULSEN der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Es ist 
als Vorläufer des Tonbandes anzusehen, da es sich um eine elektromagnetische 
Schallaufzeichnung handelte. Tonträger war ein auf einer Messingwalze aufgewickelter 
Stahldraht. (Q138) 
Für den Rundfunk wurden jedoch vor allem Schallplatten zur Aufzeichnung benutzt. Da die Langspielplatte erst 1947 erfunden wurde, hatten die Wachsplatten vorerst nur eine Spielzeit von ca. 4 Minuten. (Q139)
Als am 3. Dezember 1930 die Einbringung des Etats durch Reichsfinanzminister DIETRICH im Reichstag versuchsweise auf Schallplatte aufgenommen werden durfte, füllte die 85 min. dauernde Sitzung dann auch 22 Schallplatten. (Q140)
Das "MAGNETOPHON" (AEG) und das dazugehörige Tonband (BASF Ludwigshafen) stellten das erste ernstzunehmende elektromagnetische Aufzeichnungsverfahren dar. Dieses komplette Tonaufnahmesystem wurde 1935 auf der Funkausstellung in Berlin vorgestellt. Eine der üblichen 1000m-Spulen hatte eine Spielzeit von ca. 17 Minuten und war der Schallplatte also weit überlegen. (Q141) Ab Ende 1936 wurden Sendungen versuchsweise auf Tonband aufgezeichnet, durchgesetzt hat sich das Verfahren jedoch erst nach dem zweiten Weltkrieg. (Q142)(A37)
Da Rundfunkbeiträge in den 20er Jahren meist nicht aufgezeichnet wurden, kommt privaten Sammlern wie Herrn DOEGEN aus Berlin mit seiner Sammlung großer Stimmen seiner Zeit eine besondere Bedeutung zu. Von ihm wurden berühmte Persönlichkeiten in sein Schallplattenstudio in Berlin eingeladen, wo sie dann wichtige, von ihnen selbst schon einmal gehaltene Reden noch einmal auf Schallplatte sprachen. (A38)
 
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